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Niedrigzins, Unter­nehmens­bewer­tung, Basis­zins, EZB, Infla­tion, Geld­politik

Die Zentralbanken besitzen die geldpolitischen Mittel, um den ansteigenden Verbraucherpreisen entgegenzuwirken und trotzdem wird die aktuelle Inflationsrate in vielen Ländern nicht als Grund angesehen, eine Abkehr der aktuellen Geldpolitik einzuleiten. Das derzeit weiter anhaltende Niedrigzinsniveau und die damit zusammenhängende Geldpolitik der EZB haben unmittelbar Auswirkung auf aktuelle Unternehmenswerte.

Das internationale Zinsniveau ist bereits seit Jahren durch extrem niedrige, teilweise sogar negative Zinsen geprägt. Eine faktisch nicht existente risikolose Verzinsung nahe der Nulllinie ist seit mittlerweile zwei Jahren ein vertrautes Bild – mit Konsequenzen für die Anleger und auch für Unternehmen. Im Zeitraum zwischen 01.01.2021 und 01.11.2021 lag der risikolose Basiszinssatz für Zwecke von Unternehmensbewertungen nach IDW S 1 jeweils zum Monatsende durchschnittlich bei 0,09 %. Im gleichen Vorjahreszeitraum war der durchschnittliche risikolose Basiszinssatz mit 0,05 % sogar noch niedriger. Es ist naheliegend, zu vermuten, dass es sich bei dem leichten Anstieg eher um eine etwas höhere Schwankung um die Nulllinie handelt, als um einen Trend zu nachhaltig steigenden Zinsen. Dabei hat das Jahr 2021 grundsätzlich mit einer positiven Entwicklung begonnen. Der risikolose Basiszinssatz stieg von gerundet -0,20 % zum 01.01.2021 auf gerundet 0,30 % zum 01.06.2021 – ein Anstieg um 0,50%-Punkte. In den aktuellen Zeiten eine bemerkenswerte Entwicklung, die allerdings nicht von Dauer war. Bereits zum 01.09.2021 sank der Basiszinssatz wieder auf 0,10 % und verharrt seitdem auf diesem Niveau. Die Folge ist, dass sich auch die Kapitalkosten zur Diskontierung der finanziellen Überschüsse insgesamt auf einem historisch niedrigen Niveau bewegen.

Der FAUB des IDW hat bereits unabhängig bzw. vor der Corona-Pandemie in seiner Sitzung vom 22.10.2019 auf die stark fallende Tendenz des Basiszinssatzes reagiert. Unter Berücksichtigung der Entwicklungen an den Kapitalmärkten sowie der weiterhin expansiven Geldpolitik der EZB beschloss der FAUB des IDW, seine Empfehlung zum Ansatz der Marktrisikoprämie vor persönlichen Steuern auf 6,00 % bis 8,00 % (Mittelwert 7,00 %) anzuheben. Bezüglich der Marktrisikoprämie nach persönlichen Steuern hält der FAUB seitdem einen Ansatz in einer Bandbreite zwischen 5,00 % und 6,50 % (Mittelwert 5,75 %) für angemessen. Angesichts der Corona-Pandemie sieht der FAUB bislang keinen Anlass, die aus 2019 stammende Bandbreitenempfehlung anzupassen. Sie gilt demzufolge unverändert auch aktuell.

Derzeit betragen die standardisierten Eigenkapitalkosten vor persönlichen Steuern bei Ansatz der Mittelwertempfehlung des IDW bei einem Beta-Faktor von 1,0 und einem Basiszinssatz von gerundet 0,10 % somit 7,10 %. Dies entspricht einem Faktor von rd. 14,08. Die insoweit gegenüber den letzten Jahren steigenden Kapitalisierungsfaktoren begründen hohe Unternehmenswerte und damit auch die derzeit vergleichsweise hohen Bewertungen am Aktienmarkt. Mangels Alternativen investieren die Anleger in Unternehmen und Unternehmensanteilen – mit der Folge steigender Preise.

Wesentlichen Einfluss auf die niedrigen Zinsen hat die Geldpolitik der Zentralbanken. Nur wenn sich in der Geldpolitik nachhaltig bzw. richtungsweisend etwas ändert, werden die Zinsen wieder steigen können. Aber auch eine Abkehr von der aktuellen Geldpolitik könnte weitreichende Folgen für die Wirtschaft haben, wenn sich bspw. herausstellt, dass die durch die niedrigen Zinsen befeuerte Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen nicht auf eine Angebotsknappheit, sondern eher auf einen generellen Nachfrageboom zurückzuführen ist. Fraglich ist daher, ob tatsächlich in der nahen Zukunft eine Trendwende in der Zinspolitik der EZB eingeleitet wird.  

Die Kritik an der aktuellen Geldpolitik der EZB wird derzeit auch durch die historisch hohe Inflationsrate verstärkt. Der Vorwurf an die EZB lautet unter anderem die derzeitige Inflation nicht ernst genug zu nehmen. Die EZB entgegnet, dass die Inflation eher durch einmalige Sondereffekte getrieben wird, bspw. durch die globalen wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie. Eine Abkehr von der aktuellen Geldpolitik ist daher auch mit Auslaufen des Jahres 2021 nicht in Sicht.

Die deutsche als auch die globale Wirtschaft werden daher weiter im Teufelskreis der niedrigen Zinsen verharren. Fest steht aber schon jetzt, dass die Folgen für die Wirtschaft größer werden, je länger die EZB an ihrer Geldpolitik festhalten wird. Langfristige Finanzierungen zu historisch niedrigen Kosten, unter anderem im aufgeheizten Immobilienmarkt einiger Großstädte, könnten negative Effekte nach sich ziehen.

Unternehmen und Anlegern ist zu raten, die bestehenden Unsicherheiten, die im Zusammenhang mit der Geldpolitik der EZB zweifelsohne bestehen, nicht aus dem Blick zu verlieren. Eine Abkehr der Zinspolitik wird kommen, früher oder später. Die Auswirkungen steigender Zinsen liegen dann auf der Hand: die Bewertungsrisiken nehmen zu, Aktienkurse und Unternehmenswerte werden tendenziell zurückgehen und es wird sich zeigen, ob bzw. in welchem Umfang sich dann Bewertungsrisiken, die derzeit durch niedrige Zinsen teilweise verdeckt werden, realisieren werden.

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