https://kleeberg-valuation.de/en/team/sebastian-schoffel/
https://kleeberg-valuation.de/team/sebastian-schoeffel/
https://kleeberg-valuation.de/en/team/karl-petersen/
https://kleeberg-valuation.de/en/team/gregor-zimny/
https://kleeberg-valuation.de/en/team/christian-zwirner/
https://kleeberg-valuation.de/team/christian-zwirner/
https://kleeberg-valuation.de/team/karl-petersen/

Themen

Auswirkungen steigender Ener­giepreise auf Unternehmens­bewertungen

Steigende Energiepreise stellen Unternehmen sowie Privatpersonen vor neue Herausforderungen. Die in den letzten Monaten beobachtbaren steigenden Inflationsraten waren insbesondere ein Resultat steigender Energiepreise. Die Entwicklung der steigenden Energiepreise hat unmittelbare Auswirkungen auf das Geschäftsmodell zahlreicher Unternehmen, und das nicht nur bei energieintensiven Branchen. Effekte ergeben sich regelmäßig branchenübergreifend , was auch im Rahmen von Planungsrechnungen und Unternehmensbewertungen beachtet werden muss.

I. Steigende Energiepreise im Zuge des Ukraine-Kriegs

Die zweite Jahreshälfte des Jahres 2022 war stark durch die weltweit ansteigende Inflation geprägt. Insgesamt belief sich die Inflationsrate in Deutschland für das Gesamtjahr 2022 laut dem Statistischen Bundesamt auf 6,9 %. Nicht nur die deutsche Wirtschaft war stark durch ein steigendes Preisniveau geprägt, auch weitere Wirtschaften kämpfen mit hohen Inflationsraten. Ein Haupttreiber der Inflationsrate sind die stark ansteigenden Energiepreise.

Die Ursachen der Energiekostensteigerungen sind vielschichtig. Zum einen sorgt die weltweit ungebremste Nachfrage nach Energie für steigende Preise. Die globale Nachfrage nach Energie übersteigt regelmäßig das Angebot. Zum anderen sind die politischen Rahmenbedingungen sowohl in Bezug auf den Ukraine-Krieg als auch auf den Klimaschutz verantwortlich für die derzeitige Entwicklung bei den Energiepreisen. Der deutsche Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) nennt unter anderem das Überwinden der Corona-Pandemie als Treiber der Energiepreise. Die Erholung von den Auswirkungen der Pandemie sorgte in allen Regionen dieser Welt für eine erhöhte Nachfrage nach Energie. Weiterhin sind laut BDEW niedrige Gasfüllstände infolge des langen Winters 2020/21, ein hoher Stromverbrauch durch einen besonders heißen Sommer in China sowie Wartungsarbeiten an den norwegischen Gas-Pipelines Gründe für die Preisanstiege. Auf der politischen Seite ist der Krieg in der Ukraine aufzuführen, der dazu geführt hat, dass sich die Gasversorgung aus Russland weiter verschlechtert hat. Die erhoffte Erholung nach der Corona-Pandemie wurde durch den weiterhin anhaltenden russischen Angriffskrieg in der Ukraine somit ausgebremst. Zusätzlich sorgen die klimapolitischen Ziele der EU für eine Verteuerung fossiler Energieträger, da die Thematik CO2-Ausstoß mit der CO2-Abgabe und den CO2-Zertifikaten stetig an Relevanz gewinnt.

Auch wenn die Energiepreise seit Anfang des Jahres 2023 wieder rückläufig sind, ist keine nachhaltige Entspannung zu erwarten. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes waren die Erzeugerpreise für Energie trotz der zuletzt sinkenden Tendenz im Januar 2023 um 32,9 % höher als im Januar 2022.

Die letzten Monate haben gezeigt, dass Unternehmen, je nach Grad der Abhängigkeit von Energiepreisen, mit einem akuten Handlungsbedarf konfrontiert wurden, der auch in Zukunft bestehen bleibt. Ein „Abwarten“, bis sich die Lage auf den Energiemärkten wieder entspannt, ist verfehlt. Die Energiekrise zeigt, dass insbesondere energieintensive Unternehmen überprüfen müssen, ob Einsparpotenzial bei der Energie besteht, ob sogar das bestehende Geschäftsmodell in der bisherigen Form überhaupt noch zukunftsfähig respektive rentabel ist und welche Maßnahmen getroffen werden müssen, um für künftige Energiekrisen gewappnet zu sein.

Insgesamt handelt es sich bei der aktuellen Energiekrise nicht nur um einen temporären Anstieg von Energiepreisen, der zu geringeren Margen und geringeren Überschüssen führt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass Unternehmen teilweise gesamte Geschäftsprozesse anpassen, alternative Geschäftsmodelle analysieren und insbesondere Investitionen tätigen müssen. Mit anderen Worten führt die Energiekrise zu nachhaltigen Veränderungen in der Kosten- und Erlösstruktur von Unternehmen sowie zu im Vergleich zur Vergangenheit abweichenden Investitionserfordernissen.

Je nachdem wie gut Unternehmen in der Lage sind, die bestehenden Herausforderungen aufgrund der Energiekrise zu meistern, hat das einen nachhaltigen Effekt auf den eigenen Unternehmenswert.

II. Auswirkungen auf die Unternehmensbewertung

Der Unternehmenswert wird regelmäßig durch die ausschüttbaren finanziellen Überschüsse bestimmt, die dem Anteilseigner zukünftig zufließen. Im Ergebnis sind bei kapitalwertorientierten Bewertungsverfahren künftige Cashflows zu bewerten. Alles, was einen potenziellen Einfluss auf die künftigen Cashflows hat, ist bewertungsrelevant bzw. hat einen Einfluss auf den Unternehmenswert.

Im ersten Schritt führen steigende Energiepreise dazu, dass c.p. die künftigen Cashflows sinken, solange wie die Energiepreise steigen. Insgesamt versuchen Unternehmen die höheren Energiekosten an ihre Kunden weiterzugeben. Eine vollständige Überwälzung der angestiegenen Energiepreise auf die Kunden ist in der Regel aber nicht möglich. Zahlreiche Unternehmen stehen insofern vor der Herausforderung, dass den beschaffungsseitig steigenden Energiekosten keine absatzseitigen Preissteigerungen gegenüberstehen. Dadurch sinken die Margen bei den betreffenden Unternehmen nachhaltig. Im Extremfall droht insbesondere bei energieintensiven Unternehmen die Zahlungsunfähigkeit und Produktionen müssen gestoppt werden, was sich wiederum nachhaltig auf die künftig zu erwartenden finanziellen Überschüsse auswirkt.

Es wäre an der Stelle deutlich zu kurz gedacht, bestehende Planungsrechnungen lediglich dahingehend anzupassen, dass aufgrund eines temporären Kostenanstiegs bei den Energiepreisen, die Margen sinken und nach einer Phase von wenigen Jahren wieder mit den bisherigen Annahmen aus der Zeit vor der Energiekrise weiter geplant werden könne.

Um eine fundierte Planung für die nächsten drei bis fünf Geschäftsjahre zu erstellen, sollte die Unternehmensentwicklung sachgerecht abgebildet werden und durch den Bewerter kritisch hinterfragt werden. Insbesondere die letzten drei Jahre haben gezeigt, dass Unternehmen immer wieder mit Marktrisiken konfrontiert werden, die nicht explizit planbar sind.

Welchen Einfluss steigende Energiepreise bei Unternehmen haben und welche Maßnahmen das betreffende Unternehmen aufgrund der steigenden Preise ergreifen sollte, hängt unter anderem davon ab, auf welcher Stufe der gesamten Wertschöpfungskette sich das betreffende Unternehmen befindet. So haben Ölkonzerne bspw. gezeigt, dass selbst bei sehr hohen Preissteigerungen eine Weitergabe der gestiegenen Preise an den Endkunden in weiten Teilen möglich ist. Maßgeblich dafür ist die Preiselastizität der Nachfrage. Unabhängig davon, wie hoch die Energiekosten sind, sind zahlreiche Unternehmen auf eine entsprechend hohe Energiezufuhr für die eigene Produktion angewiesen. Es bestehen hinsichtlich der Energie kaum Substitute bzw. „Ersatzprodukte“, auf die ausgewichen werden könnte. Die Preiselastizität der Nachfrage ist beim Energiebedarf meistens relativ gering.

Wesentlich individueller stellt sich die Lage auf den nachgelagerten Wertschöpfungsstufen dar. So können bspw. zahlreiche Energieversorger die erhöhten Beschaffungspreise aufgrund vertraglich zugesicherter Preise nicht vollumfänglich an ihre eigenen Kunden weitergeben.

Je nach Geschäftsmodell sind die Auswirkungen der steigenden Energiepreise unterschiedlich. Die Auswirkungen der Energiekrise schlagen sich daher auch in Abhängigkeit des Geschäftsmodells früher oder später in den Cashflows des Unternehmens nieder. Insbesondere kleinere Betriebe sind durch die höhere Belastung der steigenden Energiepreise auf dem Beschaffungsmarkt in Schwierigkeiten geraten. Die Energiepreise treffen dabei nicht nur die Abrechnungen der Gas- und Stromkosten, sondern zeigen sich unter anderem auch in den Transportkosten.

Zudem stehen viele Industrieunternehmen vor dem Problem, ihren Energiebedarf bei der Produktion vorfinanzieren zu müssen. Es sollte durch die Unternehmensführung im Rahmen der Planungsrechnung abgebildet werden, welchen Einfluss steigende Energiepreise auf die eigenen zukünftigen Cashflows haben. Dabei ist bereits kurzfristig die Zahlungsfähigkeit zu überprüfen und sicherzustellen.

Unternehmen müssen sich zeitnah Gedanken darüber machen, wie hoch der künftige Erfolg des eigenen Unternehmens abhängig von ggf. weiter steigenden Energiepreisen ist und inwieweit Preissteigerungen an die Kunden weitergegeben werden können. Wichtig ist hierbei auch eine Einschätzung darüber, welche kurz-, mittel- und langfristigen Risiken drohen, wenn die Energieversorgung zu einem Engpass wird. Ferner sollten insbesondere (aber nicht nur) energieintensive Branchen prüfen, ob auf alternative Energiequellen zurückgegriffen werden kann. Wenn die Abhängigkeit von Energiepreisen und der Energieversorgung insgesamt hoch ist, sollte analysiert werden, welche Investitionen getätigt werden müssen, um das Geschäftsmodell zukunftsfähig zu machen. Im Zweifel gelangt die Unternehmensführung zu dem Ergebnis, dass das bisherige Geschäftsmodell bei weiter steigenden Energiepreisen nicht mehr rentabel ist, sodass alternative Geschäftsmodelle zu ergründen sind.

Die derzeit bestehende Energiekrise kann insofern auch eine Herausforderung für das gesamte Geschäftsmodell darstellen. Generell überwiegt in Deutschland das produzierende Gewerbe, welches durch Energiepreissteigerungen am stärksten betroffen ist. Wichtig ist die individuelle Analyse, wie anfällig der jeweilige Betrieb für weitere Energiepreisveränderungen im Hinblick auf die Profitabilität und das Geschäftsmodell ist.

Besonders hart von der Energiekrise getroffen sind energieaufwändige Produktionen wie in der Chemie- oder Metallindustrie. Diese sind aktuell noch auf traditionelle Energiequellen angewiesen. Das hat zur Folge, dass der Betrieb der Produktionsanlagen aufgrund der hohen Energiekosten teurer wird, was wiederum die Preise der Endprodukte steigen lässt.

Auch wenn für die Mehrzahl der Unternehmen die Energiekrise teilweise existenzbedrohende Folgen hat, gibt es aber auch Branchen, die von der aktuellen Energiekrise profitieren. So könnten vor dem Hintergrund der zunehmenden Relevanz von ESG-Kriterien bzw. Nachhaltigkeit bspw. Produzenten erneuerbarer Energien profitieren, weil einerseits die Forderung nach regenerativen Energiequellen vor dem Hintergrund des Klimaschutzes weiterhin steigt und insbesondere aufgrund des Ukraine-Kriegs auch eine möglichst hohe Unabhängigkeit hinsichtlich der generellen Energieversorgung verlangt wird.

Es liegt auf der Hand, dass die Auswirkungen steigender Energiepreise regelmäßig negative Auswirkungen auf die bewertungsrelevanten Cashflows haben werden. In der Folge belasten die steigenden Energiepreise die Unternehmensergebnisse und damit auch die Unternehmenswerte.

III. Fazit

Insgesamt ist festzuhalten, dass die steigenden Energiepreise nicht nur dazu führen, dass kurz- oder mittelfristig die Kosten steigen, denen im Zweifel keine steigenden Umsatzerlöse gegenüberstehen. Bei der aktuellen Energiekrise handelt es sich um einen Zustand der einen nachhaltigen Einfluss auf die künftigen Cashflows haben kann. Das ist insbesondere bei energieintensiven Unternehmen der Fall, bei denen die Profitabilität in einem wesentlichen Umfang auch von einer gesicherten Energiezufuhr abhängt.   Es zeigt sich, dass die Energieversorgung nicht nur ein Kostenpunkt unter vielen weiteren ist, sondern dass gesamte Geschäftsmodelle von einer kalkulierbaren und gesicherten Energiezufuhr abhängig sind.  Jede Unsicherheit in der Energieversorgung führt dann unmittelbar zu bewertungsrelevanten Risiken beim betreffenden Unternehmen, die sich wiederum im Unternehmenswert niederschlägt. Das betrifft im Rahmen von Bewertungen sowohl die Höhe der künftigen finanziellen Überschüsse als auch die Kapitalkosten.

Es wird sich zeigen, ob die Geschäftsmodelle der Unternehmen in einer angemessenen Geschwindigkeit auf die veränderten Rahmenbedingungen, insbesondere die gestiegenen Energiepreise, reagieren können. Wenn dies gelingt, dürften sich die negativen Auswirkungen auf die Unternehmenswerte in Grenzen halten. Vielleicht nutzen die Unternehmen die veränderten externen Faktoren auch als Chance, sich und ihr Geschäftsmodell neu und widerstandsfähiger aufzustellen, um damit neue Werte zu schaffen. Wenn es nicht gelingt, die gestiegenen Energiekosten zu vermeiden, alternative Energiequellen zu nutzen oder die gestiegenen Kosten vollständig an die Kunden weiterzugeben, wird die aktuelle Energiekrise negative Auswirkungen auf die Unternehmenswerte haben.

Diese Themen könnten Sie auch interessieren

Diese News könnten Sie auch interessieren

Audit Advisory Valuation

Basiszinssatz nach IDW S 1 bleibt zum 01.12.2024 gerundet bei 2,50 %

Der Basiszinssatz nach IDW S 1 stagniert zum 01.12.2024 weiterhin bei gerundet 2,50 %. Der ungerundete Basiszinssatz steigt von 2,46 % (per 01.11.2024) auf 2,49 % zum 01.12.2024. Somit ist die Abwärtsbewegung des ungerundeten Basiszinssatzes in den Monaten August 2024 bis Oktober 2024 vorerst gebrochen. Der für Bewertungszwecke relevante Basiszinssatz hat zum 01.02.2024 nach einem längeren...
Advisory Valuation Thema

Anlässe zur Beurteilung von Unternehmensplanungen nach IDW Praxishinweis 2/2017

Eine Unternehmensplanung und die damit einhergehende Prognose der zukünftigen Cashflows stellen eine wesentliche Beurteilungsgrundlage bei Anlässen wie Liquiditäts- und Insolvenzprüfungen, Bewertungen, Restrukturierungen und Fairness Opinions dar. Es ist folglich entscheidend, dass die Unternehmensplanung auf realistischen und nachvollziehbaren Annahmen basiert und dementsprechend plausibilisiert werden kann. Der IDW Praxishinweis 2/2017 beinhaltet...
Advisory Valuation

Basiszinssatz

Basiszinssätze nach IDW S 1 i. d. F. 2008 Die folgende Tabelle stellt die Basiszinssätze für Unternehmens­bewertungen nach IDW S 1 i. d. F. 2008 bzw. IDW RS HFA 10 für Bewertungsstichtage, beginnend ab 01.11.2017, dar. Die Zinssätze wurden gemäß Vorgaben des IDW (vgl. WPH Edition, Bewertung und Transaktionsberatung,...
Advisory Valuation

Entwurf einer Neufassung des IDW ES 1 vom FAUB verabschiedet

Das IDW hat am 22.11.2024 den Entwurf einer neuen Fassung des IDW Standards Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen (IDW ES 1 n. F.) veröffentlicht. Der Entwurf stellt im Wesentlichen eine Aktualisierung des bereits bestehenden Bewertungsstandards IDW S 1 i. d. F. 2008 dar, beinhaltet jedoch in einigen Bereichen auch Neuerungen des in der Praxis und der Rechtsprechung etablierten Standards....