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Bagatellgrenze in der Unternehmensbewertung

Die rechtliche Bedeutung von Schätzungsungenauigkeiten bei einer Unternehmensbewertung

Eine Unternehmensbewertung stützt sich naturgemäß auf zahlreiche Prognosen, Schätzungen und methodische Einzelentscheidungen. Nur so kann die zukünftige Ertragskraft eines Unternehmens bestimmt werden. Dies führt in der Folge jedoch dazu, dass es den einen ,,richtigen” Unternehmenswert nicht gibt. Je nach Schätzungsgrundlage können sich im Ergebnis mehr oder weniger große Abweichungen ergeben. Das OLG Düsseldorf legte in seiner Entscheidung vom 20.04.2023 eine Bagatellgrenze fest: Abweichungen innerhalb eines 5 %-Rahmens können unter bestimmten Voraussetzungen als geringfügig akzeptiert werden.

Das OLG Düsseldorf (26 W 8/20) hat sich in einem gerichtlichen Spruchverfahren mit der Bagatellgrenze in einer Unternehmensbewertung befasst. Anlass der Bewertung war ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag zwischen den beiden Unternehmen der Antragssteller und der Antragsgegner. Aus einem solchen Vertrag ergibt sich eine gesetzliche Kompensationsleistung für die außenstehenden Aktionäre. Um die Höhe der Entschädigung zu bestimmen, bedarf es einer Unternehmensbewertung. Da die Antragssteller die bemessene Abfindung als zu gering empfanden, strengten sie ein Spruchverfahren an, um die Kompensationsleistung gerichtlich überprüfen zu lassen.

Grundsätzlich muss die Entschädigung den „wahren“ Wert des Anteilseigentums kompensieren. Dies ergibt sich bereits aus dem verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz aus Art. 12 I GG. Jedoch ist eine Unternehmensbewertung stets zukunftsorientiert. Es muss deshalb beachtet werden, dass es aufgrund von Schätzungen, mathematischen Annahmen und Zukunftsprognosen nicht den einen richtigen Unternehmenswert gibt. Um die zukünftige Ertragskraft eines Unternehmens zu bewerten, muss notwendigerweise auf unsichere Annahmen über künftige Entwicklungen zurückgegriffen werden.

Deshalb ist es lediglich notwendig, dass die Bewertungsmethode und die zugrunde gelegten Annahmen wirtschaftlich-systematischen Grundsätzen entsprechen. Die Verfahrensbeteiligten müssen dann auch ggf. eine Bandbreite von unterschiedlichen Werten als angemessene Abfindung akzeptieren.

Das OLG Frankfurt (21 W 26/13) urteilte bereits 2015, dass Abweichungen von 1-2 % ohne Weiteres toleriert werden können und keinerlei gerichtlicher Überprüfung bedürfen.

Diese Bagatellgrenze hob das OLG Düsseldorf an. Im konkreten Fall wurde eine Diskrepanz von bis zu 5 % als geringfügig akzeptiert, da die einzelfallbezogenen Abwägungen der Gesamtumstände im Rahmen einer Angemessenheitsprüfung nicht im Weg standen. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die zugrunde gelegten Prognosen wirtschaftlichen und rechtlichen Bewertungsgrundsätzen entsprechen. Es gab deshalb keinen Bedarf, die Kompensationsleistung anzupassen.

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