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Generalanwalt des EuGH äußert sich zur Angemessenheit der den Minderheitsaktionären angebotenen Gegenleistung bei übernahmerechtlichem Squeeze-out

EuGH-Verfahren: Die Angemessenheitsvermutung bei Squeeze-out-Abfindungen sollte laut dem Schlussantrag des Generalanwalts widerlegbar sein.

Ein slowenisches Gericht hat im Rahmen eines Squeeze-out Verfahrens den EuGH angerufen. Konkret ging es im slowenischen Ausgangsverfahren um einen Squeeze-out, bei dem die Minderheitsaktionäre die Angemessenheit der angebotenen Barabfindung bestritten.

Der europäische Gerichtshof (EuGH) beschäftigt sich derzeit mit der Angemessenheit von Barabfindungen nach einem Squeeze-out. Der Generalanwalt Campos Sánchez-Bordona hat in seinem Schlussantrag vom 03.07.2025 (Schlussanträge v. 03.07.2025 – C-567/24) Stellung zu den Rechten der Minderheitsaktionäre hinsichtlich der Prüfung der angebotenen Barabfindung auf Angemessenheit genommen.

Ein Schlussantrag in einem EuGH-Verfahren ist ein unabhängiger, rechtlicher Vorschlag des Generalanwalts, wie der EuGH in einem bestimmten Fall entscheiden sollte, hat aber keine bindende Wirkung.

Hintergrund des EuGH-Verfahrens ist ein slowenisches Ausgangsverfahren, bei dem die Minderheitsaktionäre die angebotene Barabfindung als nicht angemessen ablehnen.

Der wesentliche rechtliche Rahmen der EuGH-Verfahren ist die Richtlinie 2004/24/EG vom 21.04.2004 betreffend Übernahmeangebote.

Da es sich hierbei um eine europäische Richtlinie handelt, müssen die Mitgliedsstaaten diese Richtlinie in national geltendes Recht umwandeln.

Die Richtlinie beinhaltet Mindestvorgaben zur Gewährleistung von Transparenz und Rechtssicherheit bei Übernahmeangeboten für Wertpapiere. Die Richtlinie betrifft somit aktienrechtliche Strukturverfahren wie einen Squeeze-out.

So wird in Artikel 15 Abs. 2 der Richtlinie 2004/25/EG ausgeführt, dass die Mitgliedsstaaten einem Mehrheitsaktionär (sog. Bieter) aktienrechtliche Strukturverfahren wie einen Squeeze-out ermöglichen sollen:

„Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass ein Bieter von allen verbleibenden Wertpapierinhabern verlangen kann, dass sie ihm ihre Wertpapiere zu einem angemessenen Preis verkaufen.[…]“

Zu den Zielen der Richtlinie 2004/25/EG gehört die Gewährleistung gleicher Bedingungen bei Übernahmeangeboten durch den Schutz der Interessen der Wertpapierinhaber (insbesondere, aber nicht nur, der Interessen der ausgeschlossenen Minderheitsaktionäre nach einem Squeeze-out).

Hierzu führt die Richtlinie 2024/25/EG eingangs bei den in Erwägung stehenden Gründen in Abs. 9 folgendes aus:

„Die Mitgliedstaaten sollten die notwendigen Schritte unternehmen, um Wertpapierinhaber, insbesondere Wertpapierinhaber mit Minderheitsbeteiligungen, nach einem Kontrollwechsel in ihren Gesellschaften zu schützen. Diesen Schutz sollten die Mitgliedstaaten dadurch gewährleisten, dass die Person, die die Kontrolle über die Gesellschaft erlangt hat, verpflichtet wird, allen Wertpapierinhabern dieser Gesellschaft zu einem angemessenen Preis, der einheitlich definiert ist, ein Angebot zur Übernahme aller ihrer Wertpapiere zu machen[…].“

Ein Gericht aus Slowenien hatte den EuGH angerufen, um die Art und den Umfang der Vermutung der Angemessenheit des Preises, den ein Übernehmer gemäß Art. 15 Abs. 5 Unterabschnitt 3 der Richtlinie 2004/25/EG als Gegenleistung an die Minderheitsaktionäre zu zahlen hat, zu prüfen.

In Art. 15 Abs. 5 Unterabschnitt 3 der Richtlinie 2004/25/EG ist die Vermutung der Angemessenheit bei einem Pflichtangebot wie folgt enthalten:

„Bei einem Pflichtangebot gilt die Gegenleistung des Angebots als angemessen.“

Art. 15 Abs. 5 Unterabschnitt 3 der Richtlinie 2004/24/EG regelt im Kern, dass bei einem Pflichtangebot für die Abfindung die Gegenleistung des Angebots als angemessen vermutet wird. Uneindeutig ist allerdings, ob es sich hierbei um eine widerlegbare oder unwiderlegbare Vermutung handelt. Mit dieser Frage beschäftigt sich der EuGH nun im noch laufenden Verfahren.

Diese Feststellung ist von besonderer Relevanz, da erst durch die Widerlegbarkeit der Angemessenheit eine gerichtliche Überprüfung eröffnet ist. Falls das Angebot nämlich als unwiderlegbar gilt, ist eine gerichtliche Überprüfung nicht möglich.

Die Beklagten (Mehrheitsaktionär) in dem ursprünglichen Rechtsstreit aus Slowenien machten beispielsweise geltend, dass eine gerichtliche Überprüfung ihrer Abfindung aufgrund der Richtlinie überhaupt nicht eröffnet sei, da es sich um ein Pflichtangebot handele. In der Folge sei die Abfindung automatisch angemessen im Sinne von Artikel 15 Abs. 5 Unterabschnitt 3 der Richtlinie 2004/24/EG und die Klage auf eine höhere Abfindung sei abzuweisen.

Der Generalanwalt kommt zu dem Schluss, dass u.a. aufgrund des Schutzes der Minderheitsaktionäre die Angemessenheit einer Abfindung im Rahmen von Squeeze-outs auch bei einem Pflichtangebot nach Art. 15 Abs. 5 Unterabschnitt 3 der Richtlinie 2004/25/EG widerlegbar sein muss.

Er schlägt dem EuGH vor, dem slowenischen Gericht zu antworten, dass auch bei einem Pflichtangebot die Angemessenheit unter Beachtung von Artikel 5 Abs. 4 Unterabschnitt 2 zu prüfen ist. Dieser sieht unter anderem Korrekturen bei der angebotenen Abfindung vor, wenn die Marktpreise der betreffenden Wertpapiere manipuliert wurden.

Die gerichtliche Überprüfbarkeit der Angemessenheit der Höhe der Abfindung von Minderheitsaktionäre im Rahmen von Squeeze-outs soll somit laut Generalanwalt auch bei einem Pflichtangebot bestehen.

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